…kommen wir nicht zur Vernunft. Die für vernünftiges Handeln erforderliche Verknüpfung von Gefühl und Verstand ist, trotz Nobelpreis und aller Intelligenz-Diskussionen, immer noch nicht selbstverständlich. Nach wie vor gilt: Wer rational entscheidet, wird für eine vernünftige Person gehalten.
Ein längst überholte Meinung. Der logische Verstand kann alles begründen und ist gerade deswegen korrumpierbar: Einerseits durch fehlende Kenntnisse und falsche Schlüsse, andererseits durch unsere gedankliche Freiheit in Situationen, die uns nicht selbst im Hier und Jetzt betreffen. Wer gerade nicht in dieser Sekunde vorm Traualtar steht, kann sehr charmant darüber schwadronieren, wie sich so ein „Nein“ in letzter Sekunde anfühlt. In der Situation selbst spielen emotional ganz andere Kaliber mit – die Angst vor der Endgültigkeit, die Freude angesichts des neuen Lebensabschnitts, die Sorge darum, alles gerade jetzt richtig zu machen…
Aus dem logischen Verstand entstammt auch die Überzeugung, dass die Digitalisierung der Vereinfachung dient. Wenn dem so wäre, warum ist unser Leben dann nicht einfacher geworden? Jeder Arbeitsplatz vorm Bildschirm ist stressiger als die vorige Arbeit, Zeitnot nimmt zu, Qualifizierungsanforderungen erhöhen sich, Schulwissen reicht nicht länger.
Bessere gesellschaftliche Teilhabe durch digitalen Fortschritt wird suggeriert, tatsächlich aber wird unser Alltag, den wir überwiegend „analog“ erleben, deutlich komplizierter. Die digital erforderlichen Kompetenzen – z.B. in jeder Stadt eine andere Art der Ticketbeschaffung für den Nahverkehr - und der erforderliche Überblick – muss ich hier nun draußen oder drinnen abstempeln oder gar nicht? – sind dem Kunden allein überlassen.
Kein Wunder, dass uns die Digitalisierung statt in die Vereinfachung geradezu zwangsläufig in die Vermeidung führt. In der Abwehr der massenhaften Datenflut, die jeden von uns ereilt, liegt sicher eine Ursache für typische Einschränkungen im analogen Verhalten: reduzierte Aufmerksamkeitsspannen etwa für das Lesen eines Sachbuchs oder für ein mitmenschliches Gespräch.
Die Wirtschaft lebt vermeintlich sehr gut von und mit der Digitalisierung. Doch was heißt das für das Erleben des Einzelnen und die Effizienz seiner Arbeit? Wir brauchen das Analoge, um erfolgreich arbeiten zu können. Algorithmus und Lebensqualität sind zwei Pole unserer einen Realität, die sich trotz unendlicher Datenmengen nie digital abbilden lassen wird. Im Analogen, im persönlichen Erleben, in der emotionalen Verarbeitung und im kreativen Gestalten erst sind und bleiben wir Mensch. Allen KI-Bewunderern sei gesagt: Es geht nicht um ein „entweder oder“ sondern um ein „sowohl als auch“.
Was auch immer Sie in dieser Polarität denken, tun, verändern wollen, ich bin an Ihrer Seite. Bringen Sie Ihr ganzes Potenzial in die Welt – und nicht nur Nullen und Einsen!
In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich,
Ihre